Im September 1990 besuchten meine Eltern meinen Bruder und mich in unserem kleinen Dorf Nisi, nahe Edessa in Griechenland. Drei Jahre zuvor waren sie nach Deutschland gegangen, um uns eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Doch dieser Besuch war anders. Sie teilten uns mit, dass sie uns mitnehmen würden.
Drei Tage und zwei Nächte reisten wir durch das ehemalige Jugoslawien, durch Slowenien und Österreich um am 20. September 1990, an meinem Geburtstag, die deutsche Grenze zu überqueren. Zu meinem Geburtstag gab es ein Snickers von der Tankstelle.
Plötzlich war alles, was ich kannte, vorbei. Mein kleines Dorf mit seinen ruhigen Straßen, den vertrauten Gesichtern und dem sanften Rauschen der Natur wurde gegen eine laute, fremde Welt eingetauscht. Ich verstand kein Wort der Menschen um mich herum. Die Straßen waren voller Autos, die Gerüche fremd, die Geräusche überwältigend. Und mit einem Mal stand ich zwischen zwei Welten.
Ich war zu griechisch für Deutschland und zu deutsch für Griechenland. Zu sensibel für die Jungs, zu empathisch für das Rollenbild eines Mannes. Zu vielseitig interessiert, um mich für eine Karriere zu entscheiden. Zu hinterfragend für ein System, das klare Antworten erwartete. Und vor allem: Ich wusste früh, dass ich nicht in eine Schublade passe – aber lange dachte ich, dass genau das mein größtes Problem sei.
Jahrzehntelang versuchte ich, mich anzupassen. Ich wollte dazugehören. Ich habe mich verstellt, meine Gedanken zurückgehalten, mein wahres Ich maskiert. Ich tat Dinge, die nicht meinem Wesen entsprachen, nur um nicht „komisch“ zu wirken. Ich ließ mir sagen, wie ich zu denken, zu fühlen und zu sein hatte. Aber egal, wie sehr ich mich anstrengte – es fühlte sich nie richtig an.
Erst als Erwachsener begann ich zu begreifen: Ich muss nirgendwo hineinpassen. Ich bin die Verbindung zwischen Welten. Zwischen Kulturen, zwischen Denkweisen, zwischen Menschen, die sich nie verstanden hätten, wenn ich nicht dazwischenstünde. Und genau das ist meine Stärke.
Dieses Buch ist für all jene, die sich in keiner Schublade wiederfinden. Für die, die sich ihr Leben lang gefragt haben, ob mit ihnen etwas nicht stimmt, nur weil sie anders denken, fühlen oder handeln. Für die, die den Mut entwickeln wollen, sich selbst treu zu bleiben, egal, was die Gesellschaft von ihnen erwartet.
Wenn Du dieses Buch in den Händen hältst, dann vielleicht, weil Du selbst zwischen Welten stehst. Und ich kann Dir eines versprechen: Du bist nicht allein.
Würdet ihr solch ein Buch kaufen wenn ihr diese Enleitung lesen würdet?